Die Sonne brennt aufs Zelt. Ja, auch hier kann die Sonne richtig warm werden. 

Also aufstehen und einen Morgenspaziergang machen. Es ist hoher Nordsommer. Das Licht ist unglaublich hell, die Luft klar. Alles, was grün sein kann, ist grün.

Der Campingplatz bietet auch die Möglichkeit, kleine Hütten zu mieten. Sehr kuschelig.

Und wenn man dann dort auf der kleinen Veranda sitzt hat man so einen Ausblick …

Was allerdings gerade richtig anfängt zu nerven sind die Mücken. Gestern Abend war das nicht so auffällig, aber jetzt, in der Morgenwärme, schwärmen sie. Das macht das Packen, das Zeltabbauen und den Rest zu einer Geschicklichkeitsübung: nur nicht stechen lassen, die Stiche jucken tierrisch. 

Irgendwann ist alles verstaut und es geht los. Es ist deutlich wärmer geworden in den letzten 12 Stunden, fast 20 °C. Ich bin zu warm angezogen und werde mir später nach dem Frühstück die Jacke sparen.

Wir fahren gut auf der E75 Richtung Norden, wieder die bewährten 105 km/h. Das Wetter ist phantastisch!  Wir beherzigen den Wahlspruch vom Campingplatz

Die erste Pause findet in einer sehr amerikanisch anmutenden Mall statt. Die haben wir ausgesucht, weil sie so eine schöne Terasse hat. Das Essen passt, allerdings sind auch viele Gäste eher amerikanisch – zumindest, was den BMI angeht. Wir bleiben nicht so lange …

Man sieht es den Menschen und den Häusern an, dass die Winter hier lang und hart sind. Gerade die Häuser werden schmuckloser, je weiter wir kommen, und je jünger sie sind. Hier ist es wichtig, dass die Wärme im Winter drin bleibt und die Mücken im Sommer draußen. Alles andere scheint eher sekundär zu sein.

Jacob hat die Führung übernommen, ich kann somit etwas meinen Gedanken nachhängen.  Zum Beispiel über das Buch Unsere einsame Erde, dass ich gerade lese. Die Autoren stellen die Behauptung auf – und liefern jede Menge gute Gründe dafür — dass höheres Leben, gar intelligentes Leben – eher selten, wenn nicht einzigartig ist. Einzigartig und nur hier auf der Erde anzutreffen. Wäre es nicht ein Treppenwitz der Geschichte, wenn ausgerechnet die Naturwissenschaften diesen, zugegebenermaßen etwas gewagten, Gottesbeweis liefern würden? Denn was anderes als göttlich wäre eine Existenz wie die unsere, wenn sie einmalig in Raum und Zeit wäre? Und wie beschränkt müssen wir sein, wenn wir, anstatt uns jeden Tag an diesem – im Sinne des Wortes – universalen Wunder zu erfreuen, es mit aller Kraft versuchen zu zerstören? 

Es kommen uns jede Menge Caravangespanne entgegen. Wie wir später erfahren werden, haben in Finnland die Ferien begonnen. Anfang Juni bis Mitte September ist Schulfrei … und trotzdem oder gerade deswegen sind sie PISA Sieger. Spannend.

Mit diesen und allerlei anderen Gedanken erreichen wir Oulu. Eine Stadt mit gut 200.000 Einwohnern. Zentrum der IT Finnlands. Universitätsstadt. Das läßt hoffen. 

Wir beziehen unser Quartier bei Tarja und ihrer einer netten Familie. Sie ist nett und kommunikativ und erweist sich als Kennerin der Lokalitäten, gibt uns Tips und mehr.

Und sie nimmt uns dann auch noch freundlicherweise mit in die Stadt. Ins Zentrum. Das erste was wir sehen ist das heimliche Wahrzeichen der Stadt.

Nun gut. Dann weiter, wir wollen den Burgerladen probieren. Machen wir, ganz gut. Aber nichts zum Schwärmen. 

Die Sonne ist immer noch sehr kräftig und wärmt, wir beschließen, noch eine kleine Runde durch die Stadt zu drehen. Was wir finden sieht eher nach Duisburg denn Finnland aus.

Oder Russland …

Der Trend scheint sich zu bestätigen – es wird schmuckloser. Wir laufen zurück. Je weiter wir aus dem Zentrum heraus kommen, desto besser wird es – architektonisch. Und interessantweise auch älter. Und grüner.

Das verstehe wer will. Allerdings zeigt es mir, dass alte Innenstädte, wie es sie in Deutschland oder Frankreich gibt, wenn sie denn historisch gewachsen sind, einen unschätzbaren Wert und vor allem keine Selbstverständlichkeit darstellen.

Müde kommen wir in unsererm Quartier an. Morgen geht es raus und hoch. Vielleicht erreichen wir auch schon den Polarkreis auf  66° 33′ 55″ Nord – weit ist das nicht mehr.
Breitengrad: 65° 2′ 25,5″ N – Längengrad: 25° 30′ 2,9″ O

http://maps.google.com/?q=65.04042,25.50081