Was macht man in Helsinki, wenn man nur einen Tag Zeit hat und sich eigentlich erholen möchte? Sauna? Elche jagen? Finnisch lernen? Nein. Man trinkt Kaffee.

Das mag auf den ersten Blick seltsam erscheinen. Kaffeetrinken assoziert man mit Italien, Frankreich. Vielleicht sogar mit Deutschland – aber ausgerechnet Finnland? Das Land der Rentiere und Weihnachtsmänner?

Es geht los mit dem Café Regatta. Klein, alt und fein. Es gibt Filterkaffee, schwach oder stark. Keine Cappuccino oder ähnliches. Aber dazu sehr feine Zimtrollen, Lachsbrötchen („Gesalzen oder geräuchert?“) und allerlei anderes Süßes.

Dazu gesellt sich ein Lagerfeuer, an dem man Würstchen grillen kann. Eine nette Idee. Senf und Ketchup stehen ebenfalls bereit.

Ein illusteres Völkchen versammelt sich dort. Viele Touristen, aber auch jede Menge Ureinwohner. 

Weiter geht es Richtung Innenstadt, vorbei am der Felsenkirche (Temppeliaukio-Kirche) und diversen weiteren Granitfelsen, alle groß und vom Eiszeiteis rund geschliffen und einfach so mitten in der Stadt.

Wir erreichen den Markt am Hafen. Dort gibt es „Robert’s Café Jugend“ – es heisst tatsächlich so. Wir müssen natürlich rein und probieren.

Die Marktstände sind mit Touristen bevölkert – wir bevölkern wieder mal mit. Jacob schlägt vor, eine Bootsfahrt auf die Festungsinsel zu unternehmen – Suomenlinna. Wieder erwartet uns eine Überraschung.

Die Insel(n), es sind eine ganze Reihe, wurden Anfang des 18. Jahrhunderts befestigt, genau zu der Zeit also, als weiter Östlich St. Petersburg aus dem Sumpf zu wachsen begann. Es folgten mehr als 200 Jahre militärische Nutzung, bis die Festung 1973 buchstäblich zivilisiert wurde. 

Im Zuge der – hier passt der Name: Conversion – siedelten sich mehr und mehr normale Leute an und begannen der Insel ein neues Gesicht zu geben. Heute wandelt der staunende Tourist durch Straßen mit altem Kopfsteinpflaster, in denen Kinder spielen. In den Wiesen wird gegrillt. An den Straßen liegen Spielplätze, ein Kindergarten befindet sich in ehemaligen Kasematten. Es gibt die typischen skandinavischen Holzhäuser, aber auch die alten Kasernen wurden umgestaltet und führen jetzt als eine Mischung als Wohnblock und Reihenhaus ein neues, friedliches Dasein. Man stelle sich nur kurz vor, dieses Beispiel würde Schule machen … 

Und es gibt, fast möchte man sagen: unzählige Cafés und kleine Restaurants. Was natürlich nicht stimmt bei ungefähr tausend ständigen Bewohnern. Aber auf ein Dutzend kommt man schon. Jedes auf seine Art besonders. Unser Koffeinspiegel verträgt nur noch einen kleinen Anstieg. So entscheiden wir uns für das Café Piper. Eine nette junge Frau hinter dem Tresen können wir nach ein paar Details zu der Insel befragen, und sie serviert leckeren Kuchen unbekannter Sorte. So könnte es bleiben …

Aber wir wollen zurück, langsam wird es Abend. Also das Schiff bestiegen und auf dem Rückweg zur Wohnung noch einen Abstecher zum Hauptbahnhof gemacht. Dieser ist ein gewaltiger Art Deco Bau, freundlicherweise von den Architekten dieser Stadt – zumindest äußerlich – so gelassen wie er war. Vier riesige Figuren tragen jeweils ein Weltkugel und bewachen den Eingang. Weiter hinten findet sich ein mächtiger Uhrturm. 

Bemerkenswert und für sich sprechend ist auch der Umgang mit dem Gebäude. Mehr als einhundert Jahre nach Inbetriebnahme 1913 wurden die ursprünglich vom Architekten vorgesehen Glasdächer, welche die Gleise überspannen, gebaut. Welch Respekt vor der gestalterischen Idee, vor der Leistung der Vorgänger. 

Ein wunderbarer Tag findet seinen Abschluss im Hook, einer Keipe, die man aller vier Jahre zur Fußball-WM durchaus besuchen kann. Motto: Bier-Chickenwings-Fußball. Ist an diesem Abend völlig in Ordnung, auch wenn wir nach der ersten Halbzeit von Polen-Kolumbien das Lokal wieder verlassen. Das Spiel macht keinen Spaß, aber wir sind satt und zufrieden.

Morgen geht es 300 km Richtung Norden.